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El Ebro francais

Abstecher ins Ebro Delta
Durch Melissenfelder zum Meer
Es gibt Landschaften die sich Touristen erst auf den zweiten Blick öffnen, dann aber umso mehr faszinieren. Das Ebro Delta in Spanien gehört dazu. Für viele, die von der Autobahn von Barcelona nach Valencia beim Überqueren des breiten Flusses einen Blick nach links riskieren, ist es nach den vegetationsarmen Bergen zunächst nur ein großes Stück gleichförmige, grüne Landschaft. Doch: wer abzweigt und die dreißig, vierzig Kilometer auf engen Straßen bis zum Meer fährt, wird mit einem schönen Strand belohnt.
Es gibt Naturschutzgebiete, die durchwandert oder von in der Ebromündung verkehrenden Schiffen aus betrachtet werden können, exzellente Restaurants und die Kultur kommt auch nicht zu kurz. Ebroaufwärts liegt das berühmte Tortosa, die Colonia Julia Augusta Dertosy der Römer, Hauptstadt auch während der westgotischen und der arabischen Herrschaft, über Jahrhunderte hart umkämpft, zuletzt während des spanischen Bürgerkrieges von 1936 - 1939.
Wer also die Autobahn bei Salida 41 verläßt und über den industrialisierten Hauptort Amposta nach Westen fährt, sieht zuerst links und rechts nur Grün. Barfuß, mit großen, breitrandigen Hüten stampfen die Bauern durch geflutete Felder, kontrollieren das Wachstum der Pflanzen. Dann in der Nähe von Dörfern mit so schönen Namen wie Jesus und Maria, plötzlich Felder mit einem ganz anderen Grün. Wer näher hingeht, entdeckt, daß es sich um Melissenpflanzen handelt. Melisse, so weit das Auge reicht. Im fruchtbaren Ebro Delta kultivieren deutsche Arzneimittelhersteller Heilpflanzen, z.B. diese Melissensorte, die zehnmal mehr heilkräftige Inhaltsstoffe enthält, als die sonst in Mitteleuropa wachsende Art. Wenn Scharen von Frauen auf den Feldern tätig sind, dann ist die Zeit der Ernte gekommen. Melissenblätter müssen von Hand abgestreift werden. Nur so - erbrachten Labortests- bleiben die ätherischen Öle auch dann noch erhalten, wenn sie bei einer Temperatur von ca. 30 Grad getrocknet werden. Auf anderen Feldern wachsen größere Pflanzen: rotblühende Mariendisteln, deren Körner die Grundlage für ein Leberpräparat liefern.
Bis zum noch zur Costa Dorada gehörenden Strand gibt es über den Ebro keine Brücke mehr. Mehrere Fähren stellen hier die Verbindung zum anderen Ufer des bis zu 400 m breiten und bis zu 8 m tiefen Flusses her. Einige davon erscheinen so durchgerostet, daß mancher Fahrgast wohl gerne zur Beruhigung eine Schluck eines beruhigten Geistes oder einen lokalen Brandy nehmen würde. Doch ein deutsch sprechender Besitzer, der für seinen Dienst 3 € nimmt, versichert: "Meine Fähre würde auch einen 30-Tonner aushalten."
In Küstennähe teilt sich der Ebro. Die Insel "Buda" ist Naturschutzgebiet und bietet großartige Möglichkeiten zur Beobachtung von Wildvögeln. Die Ausflugsgaststätten sind Ausgangspunkt von Dampferfahrten zur Ebro Mündung. Einen besonderen Reiz hat der Strand bei der "Urbanisation Riomar". Zwischen den Ferienhäusern und dem Ufer zieht sich eine sanfte Dünenlandschaft hin. Ein Gebiet ideal für Familien mit kleinen Kindern, weil das Ufer nur ganz langsam abfällt.
Oft sieht man zwanzig, dreißig Meter vom Ufer entfernt ganze Familien gebückt im Wasser stehen. Die sammeln die Zutaten für eine Paella. Das Mündungsgebiet ist ungewöhnlich reich an Wasserlebewesen. Bei jedem Schritt, den man im Wasser geht, sieht man Fische davon stieben, Krabben flüchten. Holt man an einer x-beliebigen Stelle eine Hand voll Sand aus dem Wasser, hat man gleich einige Muscheln mit in der Hand.
Allerdings: Den Schatten muß man sich hier in Form eines Sonnenschirmes selbst mitbringen. Weit und breit wächst in diesem Bereich kein Baum.
Beim Abstecher ins Ebro Delta braucht die Kultur nicht zu kurz zu kommen. Vom bereits erwähnten Amposta aus führt eine schmale Straße flußaufwärts durch Oliven- und Johannisbrotplantagen bis zum berühmten Tortosa. Den besten Eindruck von dieser Stadt hat man von der Burg, dem "Castillo de la zuda", eine gewaltige, sich über zwei Hügel hinziehende Anlage. Der Weg durch die verwinkelten Gassen ist leicht zu finden, weil in einem restaurierten Bereich ein "Parador national" eingerichtet wurde und der Autofahrer von jeder Stelle Tortosas aus mit Schildern dort hingeleitet wird. Während des tragischen Bürgerkrieges wurde Tortosa stark zerstört (ein mächtiges Denkmal im Ebro Delta erinnert an die Schlachten), doch das alte Kathedralenviertel blieb glücklicherweise erhalten. Der Name des Kathedralenturmes erinnert an die wechselvolle Geschichte der Stadt. Heute noch wird er arabisch almudena genannt, Gebetsruf. Nach heftigen Gefechten war im Jahr 1148 des arabische Tortosa wieder christlich geworden. Die Frauen waren es, die einen weiteren moslemischen Gegenangriff abzuwehren vermochten. Die genossen deshalb danach besondere Vorrechte. Nach dieser Zeit lebten in Tortosa Christen, Moslems und auch viele Juden friedlich zusammen.
Das "Buch der Sitten von Tortosa", das erste Gesetzeswerk Kataloniens mit vielen demokratischen Grundsätzen gilt als einer der fortgeschrittensten sozialen und juristischen Gesetzeswerke der Welt, im 13. Jahrhundert. Neben der Kathedrale und der Burg gehört auch das Kolleg Sant Lluis zu den besonderen Sehenswürdigkeiten der Stadt.
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